ZEN

Manchmal bin ich zu lustlos für Rants.

Manchmal frustriert mich alles so sehr, dass ich mich nicht mal mehr aufregen kann.
Dabei möchte ich mich nicht mal aufregen. Mir wäre natürlich am liebsten, ich hätte keinen Grund mich aufzuregen und wenn, ich könnte alles an mir abperlen lassen.
Die Faulheit, die Dummheit, die Ignoranz und Gleichgültigkeit, die arrogante Egozentrik der Menschen, derer es viel zu viele sind.

Ich konnte das mal.
Es war mir möglich, mich durch die Welt zu bewegen, ohne mich über die widersinnige Dummheit der die Straßen verstopfenden Autofahrer:innen aufzuregen. Zwar habe ich, so wie jetzt auch, gesehen, dass die Straßen voll sind, dass die Autos immer mehr und immer größer werden, während die Autos immer leerer, die Stauungen immer länger werden, doch hatte ich akzeptiert, dass ich daran nichts ändern kann.

Ich hatte insbesondere akzeptiert, dass ich mir nur selbst schade, wenn ich mir zu sehr all das vor Augen halte, was ich nicht ändern kann und mich auf die Dinge fokussiert, die ich ändern oder über die ich mich freuen kann.
Das will mir nicht mehr gelingen.

Es ist, als sähe ich nichts anderes mehr, sobald ich meine Wohnung verlasse.
Sobald ich den geschützten Raum verlasse, in dem ich die Einflüsse kontrolliere, sobald ich die Kontrolle verliere, verkrampft sich alles. Ich beiße mir auf die Zähne, mein Kiefer verspannt sich, ich ziehe meine Schultern bis an meine Ohren, mein Nacken fängt an mir weh zu tun und in der Folge schmerzen mir Schultern und Kopf. Alles, weil ich mich schon beim Verlassen der Wohnung frage, warum selbst im kleinen Hof, auf den ich blicke und in dem es sehr eng ist, die Menschen, die dort zur Arbeit kommen, ihre Autos parken müssen.

Ich verlasse den Hof über die Einfahrt und sehe die verstopfte Hauptstraße mit noch mehr rollenden, minderbemittelten Schwachköpfen die hupend darauf warten, dass es weiter geht, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass sie selbst Teil und Verursacher der Stillstandes sind. Da wird gehupt, als gäbe es kein Morgen und vor allem, als gäbe es keine Anwohner, die den Lärm der Hupe ebenfalls ertragen müssen.

Während ich das hier schreibe, frage ich mich aber auch, was das soll. Es ändert nichts. Ich kann es nicht ändern und alles was ich tun kann, ist daran arbeiten, dass es mich nicht verändert. Doch das ist mein Outlet, mein Sandsack und entsprechend stark der Wunsch, der Impuls es in Worte zu fassen und los zu werden, weil mir meine Auswahl an anderen Outlets weggebrochen sind.

Ich habe mich lange und intensiv darüber geärgert, wie ich aufgrund der Pandemie, die die letzten zwei Jahre unseren Alltag dominiert, eingesperrt worden bin. Wie ich meiner Freiheiten beraubt und mir die Freuden des Alltags genommen wurden, die mir dabei geholfen haben, den eben beschriebenen Wahnsinn besser zu verpacken: beispielsweise das Sitzen in Cafés und dort lesen und schreiben.

Mittlerweile hat eine Art Stockholm-Syndrom bei mir eingesetzt.
Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Angst davor mich zu infizieren. Auch jetzt nicht.
Meine Toleranz für dumme, rücksichtslose Menschen, die auf die Menschen keine Rücksicht nehmen, die Angst haben, ist allerdings stark eingebrochen. Beim Einkaufen zum Beispiel, wo sie sich in meiner unmittelbaren Nähe aufhalten.

Da heißt es möglichst schnell sein und nicht zu lange einer umstehenden Person zuhören müssen, sonst steigt der Druck auf den Kiefer rapide an.
Schnell sein und nicht darüber ärgern, wie rücksichtslos Menschen einfach plötzlich mitten im Weg stehen bleiben, ohne zu schauen, ob da in irgendeiner Richtung jemand ist oder kommt. Wie völlig ignorant und oftmals auch gleichgültig der Tatsache gegenüber, dass sich noch andere Menschen in diesem Raum bewegen. Einhalten von Abständen erledigt sich ziemlich schnell, wenn nicht dauernd jemand mit Lineal und Taser das Vieh die Leute auseinander hält.
Und immer wenn ich denke „heute keife und würge ich der nächsten Person mal dieses ganze Gift und diese Abscheu ins Gesicht“ denke ich danach, dass ich vermutlich genau diesem Menschen dann Unrecht damit tue und sie oder er sonst immer sehr umsichtig und rücksichtsvoll ist und bin damit wohl rücksichtsvoller als 99% aller, die sonst noch da rumlaufen.

Noch ein Beispiel bot sich mir heute auf der Toilette meines Arbeitsplatzes. Ich kam rein und ein junger Mann ging gerade auf die Waschbecken zu. Ich hörte dann nur noch was geschah: der Wasserhahn wurde aufgedreht, es lief drei Sekunden Wasser (maximal) und dann wieder abgedreht. So zu tun, als müsse man sich danach die Hände mit Tüchern abtrocknen, war als nächster Schritt des Schauspiels dann schon zu viel und es wurde verzichtet. Wir sind ja alle geimpft. Da kann man das mit der Hygiene auch wieder abschaffen.

Ich muss das wieder üben und zurück zu meiner Errungenschaft finden, dass ich die Dummheit, die Ignoranz und Egozentrik nicht ändern kann – und mich an den schönen Dingen erfreuen. Statt den Fokus auf die Idioten zu richten, die nicht weiter denken können, als bis zur eigenen Nasenspitze, selbst der sein, der wieder versucht ein paar Schritte zurück zu gehen und das große Ganze zu sehen.
Der einzige, der sich ändern, der sich anpassen kann, bin ich selbst.
Ich muss den Weg zum lächelnden Ertragen wiederfinden. Wie ein Erwachsener ein Kind belächelt, was einen Fehler macht, weil es noch nicht besser weiß, wie es funktioniert. Zen sein.

Oder mit einem Baseball-Schläger an einem SUV alles auslassen. Was immer ich zuerst erreiche.

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