Alter macht weise…

Es gibt irgendwo eine Geschichte. Sie plätschert meinem Gefühl nach allerdings nur im Hintergrund. Irgendwelche Kristalle, die von irgendwelchen Geistern und Dämonen gestohlen worden sind, weswegen die Welt nun im Chaos und in Trauer und Tod versinkt.

Als Helden der Prophezeiung ist es nun an uns, diese Kristalle diesen Dämonen wieder zu entreißen, sie einzusammeln und an ihren rechtmäßigen Platz zu bringen.

Auch Experten des Genres werden an dieser Stelle mit Sicherheit noch nicht wissen, wovon ich spreche. Das spiegelt die Handlung eines Großteils der Rollen- und Adventure-Spiele wider, die es auf der Vielzahl der Systeme gibt. Davor steht als großer Motivator für die Helden dieser (Videospiel-) Welt wahrscheinlich nur die Prinzessin, die es zu erretten gilt.

Die Rede ist, um das hier mal aufzulösen, von „Final Fantasy“. Konkret vom ersten Teil, dieser riesigen Serie, die mittlerweile Zweige und Spin-Offs hat, die alle mehr oder weniger eigene Erfolge feiern.

Dieses Spiel gehört zu denen, von dem du, ob du nun selbst viel oder wenig spielst, immer mal wieder etwas hörst. Meist in Form von Schwärmereien oder nostalgischen Erzählungen.

Das führt bei mir immer dazu, dass ich diese Spiele mal ausprobieren möchte, um zu sehen, was nun dran ist, an dem Hype. Ob der überhaupt gerechtfertigt ist.

Nun ist diese Serie schon verdammt alt. Zumindest in Videospielejahren. Ach, wem mache ich hier was vor? Die Serie ist fast so alt wie ich, also alt. Entsprechend habe ich erste Berührungen schon im Jugendalter gehabt, als ich in der ersten Hälfte der Neunziger meinen Super Nintendo hatte.

Rollenspiele waren damals in der Form, zumindest nach Beurteilung der japanischen Hersteller, nichts für den amerikanischen oder europäischen Markt. Man hat uns schlicht nicht zugetraut, dass wir es raffen.

Die Spieleentwickler von „Square Soft“ in Japan hatten sich zu dem Zeitpunkt schon mit den ersten drei Teilen der Final Fantasy-Serie einen Namen in ihrer Heimat gemacht. Es schien an der Zeit, nun auszuprobieren, ob wir, die Kuhaugen, auch Zugang zu diesen „JRPGs“ finden.

Das Prinzip der Rollenspiele war in der Computer- und Videospielszene, dank „Dungeons & Dragons“ und deren Ableger alles andere als fremd, und so schien es an der Zeit uns langsam in ihre Welt einzuführen.

Genauso bevormundend wie die Entscheidung, dass dieses Genre zu schwer für uns ist, war dann das Spiel, was uns als erstes präsentiert wurde, um rein zu kommen. Es kam in einer größeren Verpackung, mit bebildertem Lösungsbuch, deutschen Bildschirmtexten, damals ein Novum und der letzte Schrei und, last but not least, dem „angepassten“ Schwierigkeitsgrad. Die Rede ist von „Mystic Quest Legend“.

Ich sah das Spiel zum ersten Mal bei einem Freund, der seine Begeisterung kaum zügeln konnte, während ich eher skeptisch war. Das Spiel sah schon bei Erscheinung altbacken aus und es passierte mir einfach zu wenig. Zumindest die Handlung war mir zu langsam. Kämpfe waren allerdings alle paar Schritte angesagt.

Während du dich auf der Karte bewegst tauchten plötzlich Monster auf und rundenbasiert galt es nun zu entscheiden, ob du mit deiner Waffe kämpfst, sprich einen Hieb mit dem Schwert oder mit der Axt oder welcher Waffe auch immer machst, ob du einen Zauberspruch sprichst, mit dem du angreifst oder dich temporär stärker machst, ob du dich heilst, oder ob du einfach die Flucht ergreifst.

War der Kampf gewonnen, gab es „Erfahrungspunkte“ und was der Gegner sonst noch so an Kram mit sich herum trug.

So weit, so Rollenspielig.

Was mich allerdings damals schon unsäglich nervte, waren die für die japanischen Rollenspiele typischen „random encounters“. Wie oben schon beschrieben, bewegst du dich beim Spielen auf einer großen Karte, wo du Aufgaben zu lösen und Orte abzuklappern hast.

Auf dieser Karte wirst du nun alle paar Schritte plötzlich und ohne Vorwarnung in einen Kampf verwickelt, wie ich ihn dir oben beschrieben habe.

Du siehst auf der Karte keinen Hinweis darauf, ob oder dass da etwas kommt. Absolut zufällig kommt ein Kampfbildschirm mitten auf deinem Weg auf. Auf einem Feld des Weges, auf dem dem du vor einer Sekunde noch gestanden hast zum Beispiel.

Diese Tatsache, bzw dieses Prinzip hat mich damals schon so genervt, dass es mir den Spaß am Spiel und am ganzen Genre genommen hat.

Zwischenzeitlich war dann mal Final Fantasy 7 auf der Play Station der heiße Scheiß aber das vermochte es noch viel weniger mich zu fesseln.

Halb so wild. Gab erstens noch genug zu zocken und um die Jahrtausendwende war zweitens mal Pause und „Erwachsensein“ angesagt.

Wir spulen vor ins Jahr 2015. Ich bin mitten drin im Retro-Fieber und versuche mir gerade meine Sammlung von damals wieder aufzubauen. Natürlich stolpere ich über das vermaledeite „Mystic Quest“. Es liegt da, auf einem Tisch auf dem Flohmarkt und für einen einstelligen Eurobetrag nehme ich es mit. Für die Sammlung.

Eines Tages kommen Langeweile und Gelegenheit zusammen und ich überlege mir, ich könnte dem Spiel noch eine Chance geben. Vielleicht mag ich es ja doch… mittlerweile?

Es hat sich nichts geändert. Selbst der Nostalgiefaktor lässt das Spiel nicht weniger altbacken wirken und das Spiel- und Kampfprinzip nervt mich immer noch unsäglich. Und doch … werde ich süchtig. Ich erfülle Aufgaben, befreie Orte von Flüchen, finde magische Kristalle, spiele es und „grinde“, um meinen Spieler hoch zu leveln und stärker zu machen und werde dabei permanent und unablässig im Spielfluss unterbrochen, weil wieder ein plötzlicher Kampf mit einem oder einer Gruppe Monstern ansteht, während ich von Ort zu Ort, von Verlies zu Verlies oder innerhalb der Verliese unterwegs bin.

Innerhalb etwa einer winterlichen Urlaubswoche habe ich es dann tatsächlich durchgespielt.

Ich hasse das Genre immer noch. Leidenschaftlich.

Und doch spiele ich gerade ein Remake des ersten Final Fantasy.

Wie oft ich schon mit den Zähnen geknirscht habe, weil ich auf der Karte unterwegs bin und eigentlich etwas suchte und dann durch einen Kampf aufgehalten wurde, wie oft ich auf der riesigen Landkarte die Orientierung verloren habe oder einfach nicht mehr weiß, was ich eigentlich vor hatte, weil ich permanent raus gerissen werde, kann ich nicht sagen. Ich frage mich sogar oft, wie es Square Soft (heute Square Enix) mit diesem repetitiven Spielprinzip geschafft hat, jemals so erfolgreich zu werden… aber ich spiele es unablässig.

Nicht, weil ich mir irgend etwas beweisen will. Nicht, weil ich wissen will, was in der Geschichte passiert, sondern weil es einfach süchtig macht und ich dem verfallen bin.

Ich freue mich schon darauf, den zweiten Teil anzufangen und ich musste dafür erst mal fast 40 Jahre alt werden.

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