Deine Entscheidung

Ich werde im Bezug auf meine Posts manchmal gefragt, ob ich das wirklich so sehe, wie ich es schreibe oder ob ich nicht vielleicht ein bisschen übertreibe.

Auf diese Frage hin bin ich immer ein bisschen verdutzt.

Gerade von Freunden und Bekannten erwartet man ja nicht unbedingt, dass sie Wahrheitsgehalt oder Ernsthaftigkeit der geschilderten Dinge infrage stellen.

Um das zuerst aus dem Weg zu räumen: es geht hier nicht um das Thema Meinungsäußerung. Das steht auf einem anderen Blatt. Hier geht es konkret um meine Beobachtungen im Bezug auf das Verhalten der Menschen mir und meiner Familie gegenüber. Besonders natürlich vor dem Hintergrund, dass wir nicht deutschstämmig sind.

Die Antwort auf die Frage: Nein, ich ziehe mir hier keine Geschichten aus den Fingern und wenn ich fiktionale Geschichten verfasse, kennzeichne ich diese entsprechend.

Nun kann ich nicht ganz verstehen, woher dieser Zweifel rührt aber ich vermute, dass viele Menschen nicht glauben können oder wollen, dass es wirklich so schlimm sein soll.

Hierbei ist auch nicht zu verachten, dass es sehr schwer fällt, sich in andere Menschen hinein zu versetzen, wenn es sich dabei um etwas so abstraktes handelt wie „Fremdsein“.

Ich erinnere mich daran, dass mir meine Schwestern im Jahrzehnt 2000 – 2010 etwa, öfter von Anfeindungen berichtet haben, die sie erleben mussten.

Sie waren diesen Dingen schon sehr früh ausgesetzt, weil sie sich sehr früh dazu entschlossen haben das Kopftuch zu tragen.

Bei mir sah die Sache anders aus, da ich optisch nicht so einfach auffalle.

Also tat ich diese Berichte damals ab, belächelte sie und erklärte meine Schwestern für überempfindlich. Ich sagte ihnen, dass es sich hier um eine „self-fulfilling prophecy“ handle. Eine Prophezeiung, die sich also selbst erfüllt, weil man dauernd nach Hinweisen sucht, die zur Bestätigung der eigenen Ansicht oder Befürchtung beitragen. Für mich gab es diese Erlebnisse nicht und es gehörte ins Land der Einzelfälle.

Das funktioniert so lange, bis man selbst Opfer einer Diskriminierung und Anfeindung oder Zeuge von etwas derartigem wird.

Die Sensibilität dafür steigt und die Scham dafür, dass man dem Menschen, der das erleben musste, nicht geglaubt, ihn gar ausgelacht hat, ebenfalls.

Im Jahre 2019, in dem ich diesen Post schreibe, sind die Dinge in dieser Hinsicht leider schlimmer geworden.

Die Gründe hierfür sollen hier nicht Thema sein – vielleicht in einem anderen Post.

Fakt ist, dass auch ich in den vergangenen Jahren das Spektrum von der harmlosen Freude darüber, dass ich deutsch spreche, bis hin zu Aussagen wie „hört auf euch fortzupflanzen“ im Bus und der Zurückweisung aufgrund des arabischen Namens in meinem Ausweis alles erlebt habe.

Ich erfinde und übertreibe nicht.

Und es geht mir auch nicht um Berichte in diesem Blog, sondern um Austausch meiner Gedanken und meinem Umgang mit unter anderem diesem Thema. Ich habe meine Gedanken zu den Dingen, die ich schreibe und die möchte ich gerne festhalten und teilen.

Ob du mir das glaubst oder nicht, ob du einfach so Freude daran hast zu lesen, was ich schreibe oder nicht, ob du verfolgst, was ich sage oder nicht, ob du mit mir darüber diskutierst oder nicht … das ist deine Entscheidung.

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